Stadtspaziergang Tempelhofer Feld: 6. On The Road: Flugbetrieb auf dem Tempelhofer Feld

Von der ersten Start- und Landebahn aus spazieren Sie weiter über das Rollfeld zur zweiten Start- und Landebahn. Die 1,8 und 2,1 Kilometer langen Start- und Landebahnen verlaufen von hier aus scheinbar ins Endlose, wenn nicht hin und wieder die Ringbahn vorbeifahren und die alten Industriegebäude am Horizont zu erkennen wären.

Hier starteten die berüchtigten STUKA. Eine ihrer Eigenheiten war die unter dem Flugzeug angebrachte Jericho Sirene. Das bei Angriffen immer wiederkehrende Geräusch hatte ausschließlich den psychologischen Zweck der seelischen Zermürbung des Feindes. Der heute noch in Film und Fernsehen weit verbreitete Klang wird oft fälschlicherweise mit abstürzenden oder gar explodierenden Flugzeugen dargestellt.

Die wohl bekanntesten Flugzeuge des Tempelhofer Feldes stammen aus der Douglas-Serie der US-Airforce – darunter: die Rosinenbomber. Ihnen ist die berühmte Luftbrücke zu verdanken, über die zu Rekordzeiten 2,1 Millionen Tonnen Luftfracht zwischen dem 26. Juni 1948 und 12. Mai 1949 transportiert wurden. Davon entfielen allein 1,7 Millionen Tonnen Luftfracht auf den Flughafen Tempelhof.1

Start-Landesbahn

Wo heute Drachen in den Himmel steigen, flogen früher die Leben bringenden Rosinenbomber und die Tod bringenden STUKA los.

An der zweiten Start- und Landebahn befinden Sie sich kurz vor dem Ausgang an der Oderstraße. Bevor Sie das Tempelhofer Feld verlassen, drehen Sie sich noch einmal um und betrachten das Flughafengebäude in voller Größe. Es galt als das größte Gebäude der Welt, bis das Pentagon in Washington 1943 fertiggestellt wurde. Mit dem Bau und der monumentalen Architektur des Flughafens wird häufig der Generalbauinspektor Albert Speer in Verbindung gebracht. Die grundlegenden Skizzen und Pläne stammen aber aus der Feder des Architekten Ernst Sagebiel.

Im Rahmen des nationalsozialistischen Programms Berlin zur „Welthauptstadt Germania“ umzubauen, erhielt Sagebiel 1935 dafür vom Reichsluftfahrtministerium den Auftrag zum Bau.2 Aufgrund des Zweiten Weltkrieges geriet der Bau ab 1942 ins Stocken und wurde 1943 zwecks der Produktion von Kriegsmaterial eingestellt. Bis heute gilt der Flughafen unter Ingenieuren als unvollendet. Dennoch ist der Flughafen am 1. Juni 2011 von der Bauingenieurkammer und der Baukammer Berlin in den Kreis der Historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland aufgenommen worden.

Wenn Sie nun das Tempelhofer Feld verlassen überqueren Sie gleich hinter dem Ausgang die Oderstraße. Sie gelangen nun auf das Friedhofgelände. Der rechte Teil gehört der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinde an, der linke Teil der St. Thomas Gemeinde. Nach wenigen Metern können Sie auf der rechten Seite das eingezäunte Grundstück mit der Gedenktafel an die Zwangsarbeiter*innen der Kirche im Nationalsozialismus entdecken – unsere vierte Station (siehe Karte: 4).

Boris Klein

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Anmerkungen

  1. Helmut Trunz, Tempelhof. Der Flughafen im Herzen Berlins. München 2008, hier S. 95  (hoch)
  2. Nadja Westphal, Der Flughafen Tempelhof. Kulturelle Nutzung eines historisch geprägten Ortes. Freie Universität Berlin, HSB-papers 1/2002, hier S. 8.  (hoch)