Stadtspaziergang Tempelhofer Feld: 1. Columbia-Haus – Vergessener Ort des Terrors

Nicht eine Gedenkstätte, sondern ein unauffälliges Mahnmal erinnert an die Opfer des Gefängnisses und Konzentrationslagers am Columbiadamm. Das Columbia-Haus war zwischen 1934 und 1936 das erste offizielle KZ der Nationalsozialisten auf dem Berliner Boden – eine Tatsache, die heute nur wenigen bekannt ist.

Das Mahnmal (siehe Karte Station 1) befindet sich eigentlich auf der „falschen“ Seite: Das Columbia-Haus stand auf der gegenüberliegenden Seite der Straße und wurde 1896 als Militär-Arrestanstalt – zum Kasernenkomplex Friesenstraße gehörend – gebaut. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Haus ab dem Sommer 1933 als Gestapo-Gefängnis für politische Häftlinge eingesetzt. Im Februar 1934 zählte das Columbia-Haus 450 Gefangene, die von SS-Männern bewacht, gequält und gefoltert wurden.

Neben der Kaserne – heutige Polizei – an der damaligen Prinz-August-von-Württemberg-Straße sind links unten die Umrisse der Militär Arrest Anstalt zu erkennen, die zum KZ Columbia-Haus umfunktioniert wurde. Quelle: Stadtplan von 1895, Verlag Julius Straube, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Lageplan_Columbia-KZ.jpg&filetimestamp=20080725174359

Neben der Kaserne – heutige Polizei – an der damaligen Prinz-August-von-Württemberg-Straße sind links unten die Umrisse der Militär Arrest Anstalt zu erkennen, die zum KZ Columbia-Haus umfunktioniert wurde.
Quelle: Stadtplan von 1895, Verlag Julius Straube, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Lageplan_Columbia-KZ.jpg&filetimestamp=20080725174359

Im Jahr 1936 wurde das KZ Columbia geschlossen und die Häftlinge in das KZ Sachsenhausen überführt. Insgesamt wurden im Columbia-Haus vermutlich über 8000 Männer gefangen gehalten – unter anderem Ernst Thälmann und Erich Honecker. Heute ist von dem Gebäude, das 1938 wegen der Erweiterung des Flughafens abgerissen wurde, nichts mehr zu sehen.

Dass das öffentliche Interesse für die NS-Geschichte des Flughafengeländes nur gering ist, zeigt dieses bescheidene Mahnmal, das 1994 nicht am historischen Ort, sondern an der gegenübergelegenen Straßenseite errichtet wurde. Engagierte Bürger*innen und Bezirkspolitiker*innen plädieren heute für eine Verlegung des Mahnmals zum originalen Standort und der Errichtung einer Informations- und Gedenkstätte zum ehemaligen Berliner Konzentrationslager. Die öffentliche Debatte, die zum Mahnmal am „falschen“ Ort entstanden ist, könnte dazu beitragen, dass zur fast vergessenen Geschichte des Columbia-Hauses nicht nur ein öffentliches Interesse entsteht. Es bleibt zu hoffen, dass entweder das Mahnmal umgesetzt oder eine neue Gedenkstätte am „richtigen“ Ort erbaut wird.

Auf der auf anderen Straßenseite geht’s nun weiter zur nächsten Station des Stadtspaziergangs.

Teresa Veerman

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